Ewiges Jetzt
Ich versuche, ihn mir einzuprägen
mit den weichen Kissen meiner Fingerspitzen.
Meine Augen schliessend
und langsam nachzeichnend
die knöchrig vorstehende und im Licht schimmernde Wange
die feuchte, zarte Haut um das Auge
den Kiefer
gerade, eckig, fest,
rauh geworden durch das unaufhaltsame Fortschreiten unserer Tage.
Ich schicke mein Herz in meine Fingerspitzen
und streiche sie durch das weich gekräuselte
Haar auf der breiten Brust
die sich hebt, und senkt
hebt und senkt über dem Herzen.
Meine Hand gleitet den festen Bauch hinunter
Und ich bemerke
wie ich mich nicht mehr
an jede Einzelheit erinnern kann,
die Kontur seines Gesichtes
das ich nur einen Augenblick zuvor berührte.
Sie hat schon zu verblassen begonnen.
Und dabei hatte ich es für immer festhalten wollen.
Er streichelt meinen Arm
läuft mit seinen breiten Fingern
den nackten Bogen meines Rückens hinunter
über meinen weichen, entspannten Oberschenkel
der sich ihm wie zufällig offenbart.
Ob er wohl auch versucht, mich sich einzuprägen?
Wir können nicht in diesem Augenblick verharren
Auch wenn wir wissen, es ist der letzte Augenblick.
Das Leben reisst uns auseinander
wie eine grosse Flutwelle,
schwemmt uns vorwärts
zieht uns in das ewige Jetzt.
Unsere Erinnerungen an diesen Moment
werden sich verändern, und geformt werden
durch neue Lüste und Enttäuschungen.
Und ich werde selbst dieses Wissen vergessen.
Oriah ©1995
Deutsch by Connie Mazur ©2013